Was ist guter Content? Im Interview: Marketeer Olaf Kopp

Der exklusive Interviewpartner der achten Folge unseres merchantday Podcasts ist SEA- und SEO-Experte sowie Profi des Content Marketings Olaf Kopp. Er ist Mitgründer, Chief Business Development Officer (CBDO) und Head of SEO der erfolgreichen Marketing-Agentur Aufgesang in Hannover mit knapp 40 Mitarbeitern. Aufgesang beschäftigt sich mit Themen wie der Umsetzung und Konzeption von Paid Advertising, SEA, Facebook-Werbung, B2B-Werbung auf XING und LinkedIn, Content Promotion, Programmatic Advertising, Suchmaschinenoptimierung, PR sowie Content Marketing.

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Olaf Kopp begründet den Erfolg von Marken und Marketing-Strategien mit der Customer Journey, denn mit dem Ansatz könne man mit gezielten Strategien in relevante Themenbereiche für die eigenen Kunden eindringen. Alle Themen in seiner Agentur werden mit dem Customer Journey Ansatz verknüpft, um ganzheitliche Marketing-Konzepte zu entwickeln. Im folgenden Interview unterhielt er sich mit Ronny Marx (Gründer der Amazon Agentur intomarkets) über Merkmale und Relevanz von gutem und einzigartigem Content, über Suchmaschinen-Dominanz, die Abwägung zwischen eigenem Webshop und Amazon sowie über einen guten Markenaufbau.

 

Welche Bedeutung hat guter Content heutzutage?

Guter Content muss herausstechen und durch Einzigartigkeit überzeugen. Was ist das strategische Ziel, welche Bereiche müssen thematisiert werden und wo positioniert man sich? Guter Content muss neuartig sein und die Themen ansprechen, für die potenzielle Käufer brennen. Marketing ist mittlerweile viel mehr ein Branding-Instrument als ein Performance-Instrument, weshalb eine eindeutige Positionierung für einen erfolgreichen Markenaufbau unverzichtbar ist.
Es ist einfacher sich zu positionieren, wenn Themen noch nicht stark besetzt sind. Ansonsten müssen Lücken identifiziert werden und schnell Awareness, also Aufmerksamkeit, erzeugt werden. Wie kann der relevante Kontext, in dem der Content befindet, weiterhelfen und in welcher Phase der Customer Journey befindet sich der Nutzer, der gerade den Content konsumiert? Wie kann ich ihn als Werbetreibender mit weiteren Content-Stücken auf seiner Customer Journey begleiten? Diese und viele weitere Fragen sollte man sich stellen, um den potenziellen Kunden mit einem ganzheitlichen Marketing-Konzept zu überzeugen und schließlich zum Kauf zu animieren.

Doch wie findet man Lücken im Content, die Potenzial für hohen Traffic haben?

Möchte man viel Traffic erreichen, gibt es grundsätzlich zwei Hauptstrategien. Entweder man setzt komplett auf ein hohes Suchvolumen oder man arbeitet verstärkt mit Positionierung. Olaf Kopp arbeitet beispielsweise in seinem eigenen Blog vorrangig mit einer starken Zielgruppenfokussierung. Aus Ranking-Gesichtspunkten hat diese Positionierung zwar nicht viel Einfluss, dafür aber aus SEO-Perspektive. Es stehen dabei viel mehr sinnvolle und nützliche Informationen im Vordergrund, die wirklich weiterhelfen und Nutzer lassen sich von der hohen Qualität des Contents überzeugen. Denn was nützt einem Advertiser der oberste Ranking-Platz, wenn der Nutzer nicht das findet, was er sucht und eine hohe Bounce Rate resultiert?
Doch ist die Relevanz des Contents für die Nutzer auch von der Suchmaschine abhängt? Welche Suchmaschine ist aus Content-Perspektive überhaupt die Beste?

Das endlose Battle der Suchmaschinen

Olaf Kopp musste nicht eine Sekunde zögern, um sich eindeutig auf die Suchmaschine Google als optimale Content-Plattform festzulegen. Google überzeugt kontinuierlich mit neuesten Entwicklungen mithilfe von Machine Learning, sammelt unzählige Daten, womit die Algorithmen stetig gefüttert werden. Die Expertise von Google mit über 20 Jahren Suche ist nicht zu unterschätzen, da gigantische Mengen sowie eine hohe Datenqualität damit einhergeht. Für kleinere Suchmaschinen wie Bing oder Ecosia ist es in Deutschland so gut wie unmöglich den Giganten Google zukünftig einzuholen.

Wie sieht es mit der produktspezifischen Suche aus? Ist Google da auch Vorreiter?

Die Antwort lautet hier definitiv: Nein. Im Hinblick auf den Produktcontent ist die Produktsuchmaschine Amazon auf jeden Fall die Nummer 1 und Google deutlich überlegen. Wenn sich potenzielle Kunden noch in der Preference Phase der Customer Journey befinden und nach konkreten Produkten suchen, starten mit Abstand die meisten Leute auf Amazon ihre produktbezogene Suche. Zwar versucht Google kontinuierlich Amazon auch in dem Bereich zu überholen, allerdings ist es der Plattform bislang noch nicht gelungen. Einige Versuche starteten sie beispielsweise durch Maßnahmen wie die Google Shopping Option wieder kostenlos zur Verfügung zu stellen.
Ein weiterer Fortschritt und Vorteil von Amazon ist aktuell, dass der E-Commerce Gigant zunehmend erfolgreich in den Werbemarkt eindringt. Insbesondere im Bereich Display Ads und Retargeting ist Amazon im Moment weit vorne. Außerdem punktet Amazon mit zahlreichen wertvollen Kundendaten, womit im Search Display Bereich optimal Werbung geschaltet werden kann.

Ist Amazon auch bei der Transaction Search weit vorne?

Transaction Search oder transaktionale Suche ist im Gegensatz zur produktspezifischen Suche, die Suche, wobei direkt nach einer Marke oder einem spezifischen Problem gesucht wird. Die Nutzer erwarten Websites, auf denen sie direkt die gewünschten Transaktionen durchführen und abschließen können. In dieser späteren Suche im Kaufprozess kennt sich der Nutzer bereits gut aus und sucht nach speziellen Angeboten. Hierbei starten die meisten Nutzer ihre Suche vorrangig auf Google.

Braucht man heute noch einen eigenen Webshop oder reicht der Verkauf auf Amazon?

Amazon hat unbestreitbar eine starke Monopolmacht, die kaum zu umgehen ist. Allerdings kommt trotzdem immer auf die Produkte an. Bei bestimmten Artikeln wie Elektronik oder Waren des täglichen Gebrauchs muss man für Erfolg bei Amazon stattfinden, obwohl man sich damit automatisch in eine große Abhängigkeit begibt. Der Content auf Amazon ist extrem eingeschränkt, wenn man Aspekte wie Länge, Variation oder Verlinkungen zu anderen Blog-Artikeln betrachtet.
Eine kurzfristige Lösung wäre, nur bei Amazon präsent zu sein und zunächst keinen eigenen Webshop zu haben. Einfache Produkte brauchen keine Story, sondern hauptsächlich einen günstigen Preis. Sobald allerdings Emotionalität bei Artikeln wie Schmuck hinzukommt, macht ein eigener Webshop mit smartem Content wieder Sinn, um den eigenen Markt zu erobern.

Aber wird ein eigener Webshop sich langfristig durchsetzen?

Im Hinblick auf Risiken und Abhängigkeit ist die Frage schwer pauschal zu beantworten, da es sehr branchenabhängig ist. Generell hat Amazon allerdings schon enorm viele Marktsegmente aufgerollt, die für Webshops schwer zu durchdringen sind. Besonders im Bereich Usability ist Amazon sehr gut aufgestell. Egal, was der Kunde möchte: Bestellungen, Lieferung, Retouren usw. geht schnell und reibungslos. So gelingt es Amazon die Marktmacht erfolgreich zu erhalten. Aktuell sollte man bestenfalls keinen neuen Online-Shop eröffnen, da E-Commerce schon lange kein einfaches Spiel mehr ist und die zahlreichen, hohen Anforderungen der Kunden erfüllt und übertroffen werden müssen.

Allerdings sollte man beachten, dass insbesondere im Onlinebereich auch zukünftig noch viele Änderungen und Innovationen auf uns zukommen werden und Amazon als einziger Verkaufskanal auch einige Nachteile mit sich bringt. Dort läuft fast alles über den Preis und kaum über die Marke: Je mehr aber der eigene Preis reduziert werden muss, desto kleiner wird die Marge. Wenn man über die Customer Journey aber eine Marke mit Werten wie Vertrauen und Loyalität aufbauen möchte, macht es wieder Sinn, die Kunden direkt bei sich im eigenen Webshop anzuholen. So muss man in der Preference Phase nicht ausschließlich über den Preis gehen. Doch nun stellt sich die Frage, wie es überhaupt gelingen kann, eine vertrauensvolle Marke zu entwickeln.

Wie baut man mit Brand Awareness eine gute Marke auf?

Der Schlüssel beim Markenaufbau ist es, viele herausragende Touchpoints mit dem Anbieter oder den Produkten zu schaffen. Eine Marke muss den Nutzer im relevanten Kontext über den Content oder die Werbung so abholen, dass Vertrauen und Sympathie zur Marke aufgebaut wird. Es sollten möglichst viele positive Touchpoints unter anderem in den Bereichen Service, Produktmerkmale oder Usability gebildet werden. Alles möglichst flüssig, schnell und einfach von der Hand gehen, ohne Verzögerungen oder Aufregung.
Auch eine positive Produkterfahrung ist ein sehr wichtiger Punkt, wobei z.B. Apple ein echter Vorreiter ist. Mit einer einfachen Usability, der Kompatibilität mit allen anderen Produkten der Marke macht die Produkte kaum austauschbar und Kunden bleiben der Marke langfristig treu. Bei austauschbaren Produkten wie z.B. einer Knoblauchpresse macht ein aufwendiger Markenaufbau allerdings wenig Sinn, da es schwer ist, Emotionalität zum Produkt aufzubauen.

Nimmt Markenloyalität durch dominante Marktplätze stärker ab?

Auf großen Marktplätzen wie Amazon ist es schwierig eine Marke aufzubauen und Markenloyalität zu erreichen. Dort geht es den Kunden viel mehr darum, schnell etwas zu ihren generischen Suchen zu finden. Dabei ist ein Shopping-Vergnügen mit Inspiration und die Marke selbst oft zweitrangig und es wird stumpf nach dem günstigsten Preis entschieden.

Amazon Retargeting mit Maßnahmen wie Cross-Selling und Up-Selling hingegen stellt eine neue Ebene nach dem Produktkauf dar. Amazons hohe Datenbasis kann gezielt genutzt werden, um das Produktinteresse abzudecken und bei der Awareness Phase auf ein Produkt aufmerksam zu machen. Allerdings ist es in der Awareness Phase oft eher ein Glücksfall, wenn jemand das Produkt dann direkt kauft.

Schauen wir uns das Ganze einmal am Beispiel einer Knoblauchpresse an. Anfangs hat der Nutzer zunächst generelles Interesse an einem bestimmten Thema wie z.B. Kochen. Dann macht es keinen Sinn direkt mit dem Produkt zu werben, da der potenzielle Kunde erst Rezepte finden muss, bei denen er beispielsweise feststellt, dass fast immer eine Knoblauchpresse genutzt und benötigt wird. Erst, wenn der Nutzer richtiges Interesse an dem Produkt hat und bereit für den Kauf ist, kann man ihn langsam an die eigene Marke heranführen.

Mit gezielter Produktwerbung kann der Nutzer als erster Touchpoint über Informationen zum Produktkauf animiert werden. Auch hierbei gilt wieder die Customer Journey im Blick zu haben, um extreme Streuverluste zu meiden, weil der passende Kontext nicht getroffen wurde. Sonst hat man den klassischen Fall einer Kaltakquise oder einen Vertriebler-Effekt. Um den passenden Kontext für die Nutzer zu finden, entwickelte Olaf Kopp den sogenannten „Kontext-Würfel“.

Was steckt hinter dem Kontext-Würfel?

Für den Kontextwürfel müsse man zunächst immer entscheidende W-Fragen beantworten. Für jeden Content und jede Werbung, die man schaltet, muss man diese Fragen beantworten, um den passenden Kontext zu finden. Erst dann weiß man, wie und wann das entsprechende Kommunikationsmittel eingebaut werden muss.

  • Wer? Welche Zielgruppe möchte ich adressieren?
  • Wo? An welchem Ort möchte ich die Zielgruppe erreichen?
  • Wen? Welche Nutzer möchte ich ansprechen?
  • Wann? Zu welchem Zeitpunkt?
  • Was? Mit welchem Thema?
  • Wie? Mit welcher Ansprache?

 

Fazit: Guter Content ist relativ

Eine eindeutige und klare Antwort auf die Frage „Was ist guter Content?“ kann es eigentlich nicht geben. Guter Content ist auch nicht automatisch viel Text mit möglichst zahlreichplatzierten Suchworten mit möglichst vielen Synonymen, um die Suchmaschine zu „befriedigen“. Es können auch nur wenige Textinformationen in Kombination mit guten Bildern sein. Ganz ohne Suchmaschinen wie Google und Amazon geht es andererseits aber ebenfalls nicht. Der beste Content nützt nämlich nichts, wenn er nicht auch gefunden wird und das geschieht eben häufig über Suchmaschinen. Content sollte sich dabei immer an der Zielgruppe orientieren, die man damit ansprechen möchte. Gepaart mit dem Gedanken, über welchen Kanal die Inhalte publiziert und verbreitet werden, spielen dann sicherlich auch Themen wie Relevanz und Conversion eine Rolle. Am Ende ist es oft die richtige Mischung aus menschlicher Zielgruppenansprache und maschinellen Algorithmen, die Content zu gutem Content werden lassen.