Interview mit Prof. Dr. Tobias-Benedikt Blask über Künstliche Intelligenz, Digital Advertising und die Arbeit als Professor

Heutiger Gast der 16. Folge des merchantday Podcasts ist Prof. Dr. Tobias-Benedikt Blask. Aktuell ist er Dozent und Professor für Digital Advertising an der öffentlichen Hochschule der Medien in Stuttgart. Tobias kommt selbst aus der Praxis und stellt das Thema Digitalmarketing aus Dozentensicht den Studierenden und nun auch uns anschaulich dar.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von merchantday.podigee.io zu laden.

Inhalt laden

Was ist seine Motivation sein Wissen an der Hochschule weiterzugeben?

Tobias interessierte sich schon immer sehr für die Werbe- und Marketingbranche. Nach seinem Studium wurde er auf eine offene Stelle an der Leuphana Universität Lüneburg aufmerksam. Es handelte sich um eine Stelle im Bereich der Wirtschaftsinformatik für eine Promotion zum Thema Online-Marketing und quantitative Forschungsmethoden. Auf diese interessante Stelle bewarb er sich und wurde eingestellt. Dort arbeitete er für eine längere Zeit und lernte in dem Kontext auch seine Mitgründer kennen. Gemeinsam gründeten sie das Unternehmen das Unternehmen Adference. Freiberuflich baute er noch Websites für einige große Kunden zusammen.

Wie man sieht, interessierte sich Tobias interessierte schon immer für Forschung und Lehre. Jahrelang arbeitete er gleichzeitig im Lehrauftrag, an der Promotion und seinem eigenen Unternehmen. Als er irgendwann die Professur an der Hochschule der Medien in Stuttgart sah, wusste er die Stelle ist wie für ihn gemacht.

Was ist überhaupt Adference?

Adference ist sowohl der Name seiner gegründeten Agentur als auch das selbstentwickelte Software Service-Tool der Agentur. Dieses richtet sich stark auf Performance Marketing aus und steuert Gebote, Budgets sowie Kampagnen. Ursprünglich wurde es für Google AdWords entwickelt. Mittlerweile wurden noch weitere Features wie ein Preisvergleich zum Thema CSS aufgebaut. Adference hilft Unternehmen ihre Ziele mit gesetztem Werbebudget zu erreichen und arbeitet sowohl mit Google als auch mit Amazon.

Lassen sich seine praktischen Erkenntnisse aus Adference in der Arbeit als Dozent unterbringen?

Generell gibt es als Antwort auf diese Frage mehrere Perspektiven. Es hilft einem in jedem Fall, wenn man bereits ausreichend Referenzen hat, dass man als Dozent die vorgetragenen Lerninhalte schon in der Praxis angewandt hat. Somit hat man die Möglichkeit viel aus dem Nähkästchen plaudern ohne zu viel Preis zu geben. Gezieltes Arbeiten mit einem riesigen Datensatz, aus denen man die Erkenntnisse gezogen hat, wirken glaubwürdiger. Des Weiteren verfügt man über umfassende Kenntnisse und ein gutes Gefühl, was in der Praxis tatsächlich passiert. Man möchte den Studierenden hilfreiche Fähigkeiten vermitteln und beibringen, womit sie am Ende auf dem Arbeitsmarkt überzeugen können.

Insbesondere in der sich kontinuierlich ändernden Digitalbranche ist das Fachliche nicht unbedingt das Wichtigste. Konzepte wie das klassische Format einer Vorlesung im Bereich Online-Marketing können gar nicht so aktuell sein, wie die Welt wirklich ist. Was man hingegen als Dozent hervorragend vermitteln kann, sind wirkliche statistische Zusammenhänge, grundlegende Programmiersprachen und methodische Herangehensweisen ohne eine spezifische Tool-Abhängigkeit.

Wie schafft man es als Dozent immer am Puls der Zeit zu bleiben?

Tobias zum Beispiel hört viele Podcasts, liest Bücher und Magazine, arbeitet an vielen Dingen mit und kriegt durch studentische Projekte auch einiges mit. Trotzdem muss man einsehen, dass man als Dozent in einer anderen Generation als die Jugend lebt und natürlich nie mit allen neusten Trends wie TikTok hinterherkommt. Viel relevanter ist es, dass Studierende die grundsätzlichen Dinge verstanden haben müssen und entsprechend adaptieren können.

Professor und Studierende im Vorlesungsraum

Wie holt man Studierende in einer Einführungsveranstaltung zum Digital Advertising gut ab?

Allgemein sind viele Studierende beim Thema Digitalmarketing meist von Anfang an sehr interessiert sind. Da ist direkt eine ganz andere Motivation vorhanden, als wenn es um eine Veranstaltung wie Einführung in die Mikroökonomie 2 geht. Trotzdem sollte man die Studierenden neugierig auf die kommenden Lerninhalte machen. Man kann sie mit alltäglichen Situationen aus ihrem Leben konfrontieren und dazu gezielt Fragen stellen, um das Interesse zu wecken. Wie ist es dazu gekommen, dass der Werbetreibende sich in eure Lage versetzen konnte und euch genau auf diese Art und Weise anspricht?

Aus der Lebenswirklichkeit der Studierenden taucht man gezielt in die Tiefen der Technik ein. Dann kann man beginnen, Schritt für Schritt Themen wie Real-Time Advertising zu erläutern. Dabei sollte man die ganze Zeit Nutzen und Ziel der Lerninhalte im Blick behalten, um die Studierenden nicht zu verlieren. Eine Kombination aus jungen und alten Lehrkräften erweist sich als durchaus effektiv, da Studierende sowohl von neuen Erkenntnissen Bescheid wissen, aber auf der anderen Seite auch erfahrene Lehrkräfte für komplexere Themen haben.

Tobias liebt es an aktuellen Themen zu arbeiten und seine gewonnenen Erkenntnisse direkt mit den Studierenden teilen zu können. Aktuell arbeitet er zum Beispiel an einer Software, die Produkte komplett automatisiert erschafft. Dies funktioniert mit neuronalen Netzen, die sozusagen gegeneinander arbeiten. Das eine neuronale Netz erschafft auf Basis von gelernten Bildern neue Bilder und das andere neuronale Netz klassifiziert, was künstlich erzeugt wurde und was echt. In dem Moment, wenn das zweite Netzwerk nicht mehr zwischen künstlich und echt unterscheiden kann, ist das Produkt fertig. Künstliche Intelligenz ist ein viel umsprochenes Thema mit hoher Relevanz.

Wie wichtig wird Künstliche Intelligenz zukünftig im Digitalmarketing sein?

Die Antwort auf die Frage kann man eigentlich vorwegnehmen: Sehr wichtig.

Bei Adference wurde von Anfang an auf maschinelles Lernen gesetzt. Die Basis war das Vorwissen anstelle von regelbasierten Entscheidungen. Denn regelbasierte Tools erkennen im Gegensatz zum selbstlernenden System keine Veränderungen.
Es gibt andere Themen und Plattformen wie Tiktok, die eventuell bald wieder verschwinden, aber bei der KI kann man sich eigentlich sicher sein, dass sie nie wieder weggehen wird. Durch künstliche Intelligenz wird unser Alltag und Methoden der Entscheidungsfindung vereinfacht. Eine verstärkte Personalisierung ist hauptsächlich dank künstlicher Intelligenz möglich.

Beispiel aus der Krebsforschung

Ein Beispiel aus einem anderen Kontext der künstlichen Intelligenz kommt aus der Krebsforschung. Dort können neuronale Netze Krebs mittlerweile besser in Röntgenbildern erkennen als ausgebildete Ärzte. Dies liegt nicht daran, dass neuronale Netze so schlau sind, sondern dass sie viele tausend Bilder von Ärzten vorklassifiziert bekommen haben, wobei markiert wurde, ob Krebs oder nicht. Allein dieses Phänomen lässt deutlich machen, weshalb künstliche Intelligenz nicht mehr wegzudenken ist.

Neuronale Netze sind mittlerweile auch in der Lage realitätsgleiche Bilder zu generieren. Das Prinzip/ Programm dahinter heißt „GANS“ oder ausgeschrieben „Generative Adversarial Networks“ und es lohnt sich, die Bilder mal anzuschauen. Hättet ihr gewusst, dass es sich nicht um Fotos, sondern um maschinell erstellte Bilder handelt?

Im Moment gibt es keine Grenzen der künstlichen Intelligenz und man fragt sich insbesondere im Advertising, ob menschliche Arbeitskräfte in dem Bereich überhaupt noch notwendig sind.

Mensch vs. Maschine: Wie wichtig ist die Rolle des Menschen im Advertising?

Die Idee hinter dem maschinellen Vorgehen ist: „Sag mir was dein Content ist und ich produzier dir Werbung dazu.“ Das funktioniert im Google Universum bereits wettbewerbsfähig unter anderem im Bereich Smart Bidding und bei den Dynamic Search Ads. Auch Amazon entwickelt sich auf Basis von maschinellem Lernen kontinuierlich weiter. Trotzdem wird der Mensch immer noch gebraucht.Mensch vs. Maschine gegenüber am Tisch, künstliche Intelligenz

Zum Beispiel die Werbewirkungszuweisung kann optimal mithilfe neuronaler Netze gemacht werden. Da Features bereits selbst lernen, muss nicht mehr viel gemacht werden. Maschinen ist allerdings nicht klar, dass ihnen selten vollständige Daten zur Verfügung stehen. Wenn beispielsweise Cookies nicht mehr funktionieren, muss diese Information von einem Menschen kommen. Die Grenzen der Maschinen und des Menschen sollte man immer im Blick haben.

Aktuell gibt es aber noch stetig neue Aufgaben, die für menschliche Arbeit gemacht sind. Die Welt ist so schnell und es ist schwer, faktisches Wissen für besonders werthaltig zu erachten.

Kann Deutschland im Bereich Technologie in der Weltwirtschaft trotz strenger ePrivacy Verordnung überhaupt mitspielen?

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Datenschutz der Bevölkerung eine gute Sache ist, denn die Bürger wollen ihre Privatsphäre geschützt haben. Dass das Ausmaß der aktuellen Richtlinien übertrieben ist, liegt trotzdem auf der Hand. Beispielsweise hält Tobias es für übertrieben, dass sich hauptsächlich mit Cookies beschäftigt wird. Damit unterstützen wir die großen Plattformen und schaden den Plattformen, die auf Third-Party-Daten angewiesen sind. Für den Nutzer macht es am Ende quasi keinen Unterschied, ob er ein 16-seitiges Dokument mit „Ja“ angekreuzt hat oder ob er einen Cookie irgendwann vorher mal angeklickt hat. Bei Cookies wird enorm viel Zeit und Gedankengut daran verschwendet, Probleme zu lösen, die eigentlich gar keine sind.

Aus der Perspektive der Werbetreibenden ist zu beachten, dass Werbetreibende selten böse Absichten haben. Sie wollen einem lediglich das Leben erleichtern und zielgerichtete Werbung verschicken. Sie wollen damit aufhören dir Werbung zu schicken, die nicht relevant für dich als Nutzer ist.

Ist gezieltere Werbung nicht vorteilhaft?

Relevante Werbung zu sehen, wenn man sie braucht, ist zunächst ein Nutzen. Auf der anderen Seite darf man schützenswerte Menschengruppen wie Kinder nicht außer Acht lassen. Diese sollte man vor Werbung schützen, da sie noch nicht reflektiert genug denken, entscheiden und handeln können.

Fazit: Künstliche Intelligenz nicht mehr wegzudenken.

Roboter mit künstlicher Intelligenz

Durch seine Arbeit als Professor an der Hochschule der Medien konnte Tobias-Benedikt Blask uns viele spannende Einblicke aus der Praxis geben. Durch die Kombination aus Praxis, Theorie und Forschung kennt er die Digitalbranche mit ihren neusten Trends wie kaum ein anderer. Viele Trends kommen und gehen, aber eine Innovation wie Künstliche Intelligenz wird die Menschheit noch langfristig begleiten. Künstliche Intelligenz verändert unsere Zukunft ins Positive und erleichtert unseren Alltag. Wenn Mensch und Maschine richtig zusammenarbeiten, erkennt man den großen Nutzen des Fortschritts.

Wichtige Themen der Folge im Überblick

  • Was ist seine Motivation sein Wissen an der Hochschule weiterzugeben? (2:50 min)
  • Wie lassen sich praktische Erkenntnisse aus Adference in die Arbeit als Dozent einbringen? (8:58 min)
  • Wie schafft man es mit den Uni-Themen am Puls der Zeit zu bleiben? (14:05 min)
  • Wie holt man Studierende im Digital Advertising in einer Einführungsveranstaltung ab? (17:55 min)
  • Die zukünftige Relevanz der künstlichen Intelligenz im Bereich Digitalmarketing (31:50 min)
  • Werden für das Advertising in Zukunft wirklich noch vom Menschen gebraucht? (39:04 min)
  • Kann Deutschland in der Technologie der Weltwirtschaft mitspielen trotz seiner strenger ePrivacy Verordnung? (46:45 min)
  • Ist es ein Vorteil, gezieltere Werbung zu bekommen und dafür mehr Infos über Nutzer zu sammeln? (53:09 min)